Rückblicke auf die erste "Ökumenische Woche" an der LMU, 9.-14. Mai 2016
25.05.2016
Rückblicke verfügbar von:
Herr Prof. Dr. Markus Vogt
Herrn Prof. Dr. Harry Oelke
Prof. Dr. Athanasios Vletsis
Der evangelischen Fachschaft
Resümee von Prof. Dr. Markus Vogt (Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät)
Die Idee der Ökumenischen Woche, die erstmals von den drei Theologien der LMU München vom 9.-14. Mai 2016 durchgeführt wurde, ist denkbar einfach: Im Rahmen der ganz normalen Lehrveranstaltungen gab es einen "Dozententausch". Professoren/innen oder Wissenschaftliche Mitarbeiter/innen haben das dort behandelte Thema aus Ihrer jeweiligen anderen konfessionellen Perspektive reflektiert.
Dies war auch für mich sehr lehrreich: Die Perspektive der anderen Konfessionen hat gerade in der Differenz die Eigenart meiner eigenen Herangehensweise an das Thema methodisch deutlich gemacht und so auch im Gespräch mit den Studierenden eine lebendige Diskussion um unterschiedliche Verständnisweisen des Faches und der jeweils behandelten Themen ermöglicht. Gefallen hat mir v.a. dass wir durch diese Form des Austausches viele Studierende erreicht haben. Denn die Erfahrung von Sonderveranstaltungen in den letzten Jahren (insbesondere vom Dies academicus, der in diesem Jahr durch die Ökumenische Woche ersetzt wurde) zeigte, dass wir außerhalb des Pflichtprogramms nur wenige Studierende erreichen können. Diesmal war das Interesse der Studierenden groß: Vielen ist es ein Anliegen, das Nebeneinander der drei Konfessionen in München zu einem echten Miteinander auszugestalten. Gerade weil viele durch die Modularisierung der Studiengänge oft sehr auf Pflichtveranstaltungen fixiert sind, muss die Chance, die wir in München haben, auch konfessionell über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen, aktiv ermöglicht und organisiert werden.
Ich hoffe, dass das Modell der Ökumenischen Woche, das relativ einfach zu organisieren ist, Schule macht und wir auch in den kommenden Jahren dieses weiterführen können. Dass wir trotz der relativ knappen Vorbereitungszeit (die Idee dazu entstand erst gegen Ende des vorangegangenen Semesters) über 20 Veranstaltungen, darunter auch Exkursionen, zustande gebracht haben, war für mich eine positive Überraschung. Die Fachschaften haben engagiert Mitverantwortung wahrgenommen. Das von unserem Studenten Korbinian Bauer gestaltete Plakat war ein markanter Werbeträger.
Es gibt aber auch vieles, was wir noch verbessern können, z.B. eine stärkere Nutzung des eigens eingerichteten Chatrooms im Internet und vor allem eine aktive Kommunikation und Mitgestaltung möglichst aller Dozenten/-innen. Ich sehe die Tatsache, dass wir in München die drei Konfessionen so dicht beieinander haben, als Chance und Auftrag für einen Beitrag zu lebendiger Ökumene in allen theologischen Disziplinen. Gerade das Jubiläumsjahr "500 Jahre Reformation" bietet dazu einen vielfältig anregenden Anlass.
Resümee von Prof. Dr. Harry Oelke (Dekan der Evangelisch - Theologischen Fakultät)
Das bestechende an der Idee der "Ökumenischen Woche" ist, dass sie aufgrund der örtlichen Verhältnisse an der LMU mit den nur hier drei studierbaren Theologien so naheliegend ist. Warum nicht einmal für den begrenzten Zeitraum von einer Woche Kooperationen zwischen den drei Theologien in den regulär stattfinden Seminaren und Vorlesungen einrichten? Dass diese Idee, die im Zusammenhang mit dem Nachdenken über eine neue zeitgemäße Gestaltung des Dies Academicus geboren wurde, recht kurzfristig schon im laufenden Sommersemester umgesetzt werden konnte, lag maßgeblich an beiden theologischen Fakultäten und an der orthodoxen Ausbildungseinrichtung sowie an den drei Fachschaften, die allesamt das Projekt von Anfang an unterstützten und sich zu eigen machten. Dafür gebührt Ihnen ein herzlicher Dank!
Rund 20 Lehrveranstaltungen, die sich im Zuge der Ökumenischen Woche auf ein experimentielles überkonfessionelles Miteinander einließen, dazu eine feierliche Eröffnung mit einer eindrucksvollen Andacht (und exzellenten Torten danach!), Besuche beim ACK und in der eritreischen Kirche - das Programm konnte sich sehen lassen! Die Erfahrung einer ganz anderen Theologie, die das Gewohnte überschreitet, verbunden mit dem Erlebnis, dass sich das alles unter einem gemeinsamen Dach ereignet, kann zu den ganz elementaren Studienerfahrungen gehören.
Vieles spricht dafür, die Veranstaltung weiterzuführen. Das Rahmenprogramm sollte dabei auch fernerhin nur sekundierenden Charakter haben: Der Event sind und bleiben die geteilten Lehrveranstaltungen. Möglicherweise lassen sich die Vorlesungen in der Ökumenischen Woche einem noch größeren Kreis von Interessierten öffnen? Mit einem längeren Vorlauf werden sich das nächste Mal ohnehin noch weitere Formen der Zusammenarbeit ergeben. Die mediale Begleitung der Ökumenischen Woche und deren Ergebnisdokumentation bleiben Aufgaben für die Zukunft. Auf ein Neues in 2017!
Resümee von Prof. Dr. Athanasios Vletsis (Vorsitzender der Ausbildungseinrichtung für Orthodoxe Theologie)
Die Tatsache, dass an der LMU München Katholische, Evangelische und Orthodoxe Theologie studiert werden kann, wird, mit Ausnahme der Veranstaltungen des Zentrums für Ökumenische Forschung, im gestressten Alltag der Semesterverpflichtungen wenig reflektiert. Die Idee einer „Ökumenischen Woche“ kann wichtige Impulse für die Wahrnehmung des Anderen liefern und motiviert alle Beteiligten, Dozenten und Studenten, sich an einer wahrlich ökumenischen Gestaltung von Lehrveranstaltungen zu beteiligen, was nicht nur dem ökumenischen Dialog zugute kommt, sondern auch den Diskurs einer wissenschaftlichen Interdisziplinarität fördert. Die Erfahrung des ersten Versuchs dieser Art (9.-14. Mai 2016) kann aus orthodoxer Sicht sicherlich positiv beurteilt werden. Gemeinsame Veranstaltungen mit Beteiligung eines orthodoxen Dozenten wurden schon angeboten, wobei in diese Richtung noch Wachstumspotenzial vorliegt. Durch die Beteiligung von Studierenden an den Veranstaltungen der nicht eigenen Fakultät kann aus diesem Experiment der Ökumenischen Woche eine Institution mit bleibendem Wert wachsen. Die logistische Herausforderung (z.B. Überlappung von Lehrveranstaltungen) ist eine Aufgabe für die zukünftigen Planungen. Der alte bewährte „Dies Academicus“ könnte dabei ein Höhepunkt mitten in der „ökumenischen Woche“ bilden und sollte demnach nicht als organisatorische Alternative aufgefasst werden.
Resümee von Seiten der evangelischen Fachschaft
Die Fachschaft blickt auf eine inspirierende und tolle Woche voller gelebter Ökumene zurück. Die Idee, anstatt eines mäßig wahrgenommenen Dies academicus eine komplette Woche durchzuführen, stieß bei uns sofort auf Zustimmung und Vorfreude. Der Hintergedanke dabei, dass nicht die Studierenden zu extra Veranstaltungen kommen sollen, sondern dass die Dozierenden in die regulären Lehrveranstaltungen Ökumene einbeziehen bzw. interkonfessionelle Konstellationen schaffen, wurde von allen Zuständigen begrüßt.
In dem doch knappen Planungszeitraum von Entstehung der Idee bis hin zur Umsetzung ist es gelungen, viel auf die Beine zu stellen. Die Veranstaltungen waren in der Regel gut besucht und stießen bei den meisten Studierenden auf Wohlwollen. Die Begeisterung von Studierendenseite war vor allem beim Ökumenestammtisch am Dienstag Abend zu spüren, der deutlich besser besucht war als üblich (was zeigt, dass auch die Werbung gut funktioniert hat). Dabei wurden sowohl die Konstellationen der Dozierenden wie auch die Inhalte der Ökumenischen Woche gelobt. Es sei gut und wichtig, dass München seinen Vorteil der drei ansässigen Theologien nutzt und Dinge wie die Ökumenische Woche veranstaltet.
Dass beim ersten Mal Vorstellung und Realität eines solchen Projektes nicht immer übereinstimmen, ist klar. Es gibt ein paar Dinge, die die evangelische Fachschaft zu kritisieren hat:
Leider war die Beteiligung der Dozierenden sowohl bei der Andacht als auch beim Ökumenestammtisch überschaubar. Vielleicht sollte in dieser Hinsicht nicht nur bei Studierenden, sondern auch bei Dozierenden mehr Werbung gemacht werden. Auch könnte die Ökumenische Woche nicht nur im Kreis der Professoren gelebt werden, sondern v.a. der Mittelbau ins Licht des Dozierendentausches gerückt werden.
Die anfänglich sehr gute Idee mit einem Chatroom wurde leider fast gar nicht angenommen.
Um ein noch breiteres Publikum anzusprechen und die Aufmerksamkeit auf die Woche zu erhöhen, kam die Idee auf, eine einführende Veranstaltung wie einen Leitvortrag o.ä. anzubieten. Dieser gibt eine Überschrift und kann durch die Woche führen.
Zusammenfassend bewertet die Fachschaft die Ökumenische Woche allgemein als Erfolg. Es ist uns gelungen, auch in der Öffentlichkeit ein Zeichen für gelebte Ökumene an der Universität zu setzen. Durch die Woche haben sich neue Kontakte knüpfen lassen und das allgemeine Interesse an anderen Konfessionen wurde bei Studierenden wie bei Dozierenden geweckt. Wir wünschen uns, dass diese Woche zu einer Tradition der drei Theologien an der LMU wird.